Im Blindflug durch die Nordhäuser Tiefen

Nordhaausen. In Nordhausen steigt heute der Europacup im Orientierungstauchen. Ein Blick hinter die Kulissen dieser Sportart. 03.06.2017 – 08:36 Uhr

Michael Menzel vom TSC Neptun Nordhausen (links) im Gespräch mit dem Greizer Orientierungstaucher Rafael Hempel, der bereits deutscher Juniorenmeister und Vizemeister der Herren im Shortrace war. Für den heute beginnenden Europacup hat er sich daher hohe sportliche Ziele gesetzt. Foto: Marco Kneise

Schwerelosigkeit, eine farbenfrohe Umwelt , absolute Entspannung. Und das alles in einer fremden Welten, in einem anderen Element. Beim Urlaub auf den Malediven habe ihn das Tauchen „voll erwischt“, schwärmt Michael Menzel mit leuchtenden Augen.

 „Das einmal live zu erleben, war schon klasse“, erinnert sich der mittlerweile erste Vorsitzende des Tauchsportvereins TSC Neptun Nordhausen an jene Reise und seine ersten Abstecher ins Reich der Tiefe. Seitdem habe ihn der Sport fest in seinen Bann gezogen. „Wie gesagt: Es ist die absolute Entspannung“, sagt der Vereinschef über die Hobby- und Sporttaucher der Rolandstadt.

 Weitaus weniger entspannend dürfte es dagegen am Wochenende für die Sportler auf dem Gelände des Clubs zugehen. Denn der Tauchersee wird am heutigen Samstag und am Sonntag zum Austragungsort einer Deutschen Meisterschaft sowie für den Europacup im Orientierungstauchen. Die Nordhäuser Neptun-Jünger stellen dafür ihr Gewässer, und damit sogar einen offiziellen Jugend- und Ausbildungsstützpunkt des Landestauchsportverbandes zur Verfügung. Das werde eine interessante Veranstaltung, auch für das Publikum, verspricht Menzel erwartungsfroh. Denn hier ließe sich über zwei Tage eine komplexe Sportart militärischen Ursprungs beobachten, sagt er. „Das Orientierungstauchen hat eine lange Tradition.“ Bis in die 50er-Jahre reichen die Wurzeln dieser Sportart, die sich kurz gefasst wohl als eine Mischung aus Orientierungslauf und Flossenschwimmen erklären lässt. Ausgeübt wird das Ganze in etwa zwei Meter Tiefe. Ziel der Taucher ist es, innerhalb kürzester Zeit und so präzise wie möglich, bestimmte Bojen im Wasser in einer vorher festgelegten Reihenfolge anzuschwimmen. Besonderes Manko dabei: die Sicht. Derzeit herrsche eine Blickweite von etwa zwei Meter, sagt der Vereinschef. Der 52-Jährige muss schmunzeln dabei. „Was für Hobbytaucher, die auf die schönen Unterwasserwelten aus sind, schon als schlechte Sicht zählt, ist für die Orientierungstaucher beinahe fast zu gut.“ Damit die Sportler dennoch ihr Ziel finden, schieben sie eine Pressluftflasche vor sich her, auf der ein Entfernungsmesser samt Kompass installiert ist. Geschwommen wird mit Monoflosse. „Dem schnellsten Fortbewegungsmittel für Taucher unter Wasser“, erklärt Menzel. Die 100 Meter werden so mal schnell unter einer Minute geschwommen.

 Die Sportart verlange daher ein hohes Maß an Kondition. „Das in Verbindung mit dem technischen Verständnis, Koordination und einem guten Orientierungssinn ist schon der Hammer“, schwärmt Menzel über die Reize des Orientierungstauchens.

 Schwierigste Aufgabe der Wettkämpfe, in denen es unter anderem Stern- und Wendekurse gibt, sei die Mannschafts-Treff-Übung, sagt Gunter Viehhäuser vom Tauchclub Chemie Greiz, der das Event mit ausrichtet. Bei dieser Übung müssen vier Teammitglieder an verschiedenen Punkten im Wasser starten, sich gegenseitig finden, um dann schließlich gemeinsam ins Ziel zu kommen. „Das ist die Königsdisziplin. Wenn etwas schiefgeht, irrt schon mal ein Taucher durchs Wasser“, lacht Viehhäuser. Damit die Zuschauer bei diesem Spektakel nicht nur auf eine glatte Wasseroberfläche blicken, sind die Taucher übrigens mit Bojen ausgerüstet.

 Und von denen werden am Wochenende viele durch den See schwirren: Denn anders als noch bei der Deutschen Meisterschaft vor zwei Jahren werden Starter aus ganz Europa kommen. Über hundert Sportler seien es, so Menzel. Aus Frankreich, Estland, Kroatien und Österreich werden sie nach Nordhausen pilgern. „Die am weitest gereisten Taucher kommen aus der Ukraine“, sagt Menzel, während gerade ein Transporter mit lettischem Kennzeichen auf das Areal fährt.

 

http://www.mdr.de/mediathek/mdr-videos/a/video-111450.html

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